Kritikgespräch führen – 6 Don´ts und 6 Dos

Kritikgespräch führen - 6 Dos und 6 Don'ts

Sie wollen als Führungskraft dafür sorgen, dass Ihre MitarbeiterInnen die erwartete Leistung erbringen? Ganz gleich, ob ein Mitarbeiter fehlerhaft arbeitet, immer wieder zu spät kommt oder zu wenig Selbständigkeit zeigt: Sie wollen, dass sich das Verhalten dauerhaft ändert. Dann müssen Sie Ihnen rasch und in aller Klarheit ein Kritikgespräch führen und ihnen mitteilen, dass die Leistung nicht Ihren Erwartungen entspricht.

Wenn ein Kritikgespräch aus dem Ruder läuft

Siegfried bemerkt, dass seine Assistentin Doris oft lange private Telefongespräche führt. Er bittet sie zu einem Gespräch und sagt: „Du bist die Einzige, die immer private Telefongespräche führt. Sollte ich dich noch einmal erwischen, kannst du dir eine andere Arbeit suchen.“ Doris ist erbost, streitet alles ab und droht damit, ab dem nächsten Tag in den Krankenstand zu gehen. Die Situation eskaliert. Es kommt zu einem längeren Streitgespräch. Schließlich springt Doris auf und verlässt den Raum.

Sie wollen bestimmt nicht, dass Konfliktgespräche so wie diese im Streit enden, Menschen innerlich kündigen oder nur zum Schein zustimmen. Sie möchten vermeiden, dass Menschen sich gedemütigt fühlen oder aus Ärger schlechte Stimmung verbreiten. Daher sorgen Sie dafür, dass es im Kritikgespräch zu keiner Eskalation kommt.

 

Kritikgespräch führen: 6 Don´ts

1. Menschen beschämen

Siegfried hat versucht, Doris zu beschämen, indem er ihr sagte, sie sei die Einzige, die das tut. Das ärgert Doris, weil er sie damit an den Rand der Gruppe stellt und weil es in dieser Allgemeinheit sicher nicht stimmt. Manche Führungskräfte stellen MitarbeiterInnen bloß, weil es manchmal bewirkt, dass MitarbeiterInnen ihr Verhalten scheinbar ändern. Sie übersehen, dass MitarbeiterInnen sehr oft nur darauf warten, diese Verletzung wieder zurückzahlen zu können.

 

2. Moralischen Druck ausüben

Führungskräfte versuchen, MitarbeiterInnen unter Druck zu setzen, indem sie das Leid der KollegInnen ins Spiel bringen: „Siehst du nicht, wie die anderen leiden, weil du deine Arbeit nicht machst? Du bist schuld, dass die Kollegin schon fast im Burnout ist.“ Selbst wenn an der Beschuldigung etwas Wahres sein sollten, ist es nicht angemessen, diese so auszusprechen. Bei manchen Menschen scheint solcher Druck kurzfristig zu dem gewünschten Verhalten zu führen. Bei den meisten werden Sie jedoch sofort den Gegendruck in Form von Trotz und Wut spüren.

 

3. Leere Drohungen aussprechen

Siegfried hat Doris mit einer Kündigung gedroht. Diese Drohung wirkt unverhältnismäßig und willkürlich. Es gibt sicher auch andere KollegInnen, die private Gespräche führen. Außerdem ist es sehr unwahrscheinlich, dass Siegfried Doris wirklich kündigen wird, wenn sie ein weiteres Mal privat telefoniert. Leere Drohungen schwächen die Führungskraft, weil sie in Zukunft nicht mehr ernst genommen wird.

 

4. Sich rechtfertigen oder streiten

In sehr vielen Kritikgesprächen bestreitet der Mitarbeiter das kritisierte Verhalten. Führungskräfte steigen dann oft in ein Streitgespräch ein. Sie werden lauter und vorwurfsvoller im Ton und sagen dann Sätze wie zum Beispiel: „Nein, das war so, wie ich sage.“ Oder vielleicht: „Willst du sagen, ich habe das erfunden? Ich lüge doch nicht.“ Als Führungskraft brauchen Sie sich nicht rechtfertigen. Sie haben sich ein Bild vom Verhalten des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin gemacht. Bei diesem Bild bleiben Sie, außer es kommen völlig neue Informationen hinzu.

 

5. Persönlich nehmen oder beleidigt sein

Manchmal entsteht bei Führungskräften das Gefühl, dass MitarbeiterInnen Fehler machen oder sich unangemessen verhalten, um der Führungskraft zu schaden. Das wird in den meisten Situationen nicht der Fall sein. Die MitarbeiterInnen tun, wie sie tun. Selbst wenn sie lügen, um einen Fehler zu verbergen, lügen sie nicht, weil sie Ihnen schaden möchten. Sie lügen, weil sie Angst vor den Konsequenzen haben. Seien Sie nicht beleidigt. Es hat nichts mit Ihnen zu tun.

 

6. Unklare oder pauschale Vorwürfe machen

Siegfried hat ein Wort verwendet, dass in keinem Kritikgespräch vorkommen sollte: Immer. Dieses Wort schleicht sich dann in unsere Sprache, wenn wir uns respektlos behandelt fühlen und auf den Tisch hauen wollen. Es hat aber einen großen Nachteil: Es ist meistens ganz leicht widerlegbar: „Nein, das stimmt nicht. Gestern habe ich kein einziges privates Gespräch geführt.“ Das macht Sie als Führungskraft natürlich noch ärgerlicher. Die weitere Eskalation ist dann garantiert.

 

Kritikgespräch führen: 6 Dos

Sie wissen jetzt wie Sie vermeiden können, dass die Situation durch Ihren Beitrag schlimmer wird. Was können Sie aktiv beitragen, damit der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin die Fehler einsieht und das Verhalten ändert? Konzentrieren Sie sich auf die folgenden sechs Punkte:

1. Das Verhalten beschreiben

Siegfried kann zu Doris sagen: „Ich habe gestern bemerkt, dass du gestern vor der Mittagspause ein privates Telefongespräch geführt hast, das mehr als 30 Minuten gedauert hat. Auch heute in der Früh um 8 Uhr hast du ein solches Gespräch geführt.“ Durch ein solches Feedback wird klar, dass ich nicht die Person abwerte, sondern dass ein ganz konkretes Verhalten nicht meinen Erwartungen entspricht.

 

2. Eigene Gefühle benennen

Siegfried kann im Laufe des Gesprächs noch Folgendes hinzufügen: „Mich ärgert das. Wir haben im Moment alle sehr viel zu tun. Ich habe im letzten Jour-fixe gesagt, dass wir im Moment um zwei Personen weniger in der Abteilung sind.“ Erst wenn Ihre Emotion spürbar ist, wird die Wichtigkeit Ihres Anliegens spürbar. Das bedeutet nicht, dass Sie vor Ärger schreien sollen. Sie beschreiben die eigene Emotion mit Worten und lassen das Gefühl in der Haltung, Mimik, Gestik und Stimme spürbar werden.

 

3. Zeit geben und Zuhören

Falls Doris sich beginnt zu rechtfertigen oder das beobachtete Verhalten abstreitet, ist es ganz wichtig, nur zuzuhören. Die meisten Menschen wollen gute Arbeit leisten und brauchen ein bisschen Zeit, um den Schreck zu verarbeiten. Die Führungskraft ist nicht zufrieden. Das ist eine unangenehme Situation. In dieser Phase kann es sein, das MitarbeiterInnen schwindeln, lügen, anderen die Schuld geben oder selber Vorwürfe machen. Gehen Sie möglichst wenig darauf ein.

 

4. Das Gesagte mit anderen Worten wiederholen

Wiederholen Sie lieber das von Ihnen bereits Gesagte mit anderen Worten. Beschreiben Sie das störende Verhalten und Ihre Gefühle noch einmal. Das ist die Chance für die andere Seite zu verstehen, dass Sie sich das gut überlegt haben und nicht bereit sind abzuweichen. Sie können auch noch weitere Details Ihrer Beobachtung hinzufügen. Beschränken Sie sich aber auf einige wenige Kritikpunkte. Ein Kritikgespräch ist keine Abrechnung.

 

5. Das gewünschte Verhalten beschreiben

Siegfried kann sein Anliegen zum Beispiel so formulieren: „Bitte verschiebe deine privaten Gespräche in die Pause oder achte darauf, dass sie nicht länger als 5 Minuten dauern.“ Eine solche Formulieren macht es für Doris leichter, eine Verhaltensänderung zuzusagen. In dem Beispiel am Anfang des Textes hat Siegfried das von ihm gewünschte Verhalten nicht beschrieben. Möchte Siegfried, dass Doris nie wieder ein einziges privates Gespräch führt? Falls Doris das so versteht, dann verstehe ich ihre heftige Reaktion. Warum darf sie keine privaten Gespräche mehr führen und alle anderen schon?

 

6. Eine Vereinbarung treffen oder einen weiteren Termin vereinbaren

Die MitarbeiterInnen brauchen Zeit, um die Kritik zu verdauen. Daher ist es sehr oft besser einen weiteren Termin zu vereinbaren. Voreilig getroffenen Zusagen sind oft nicht ernst gemeint. Geben Sie den MitarbeiterInnen Zeit, sich vom Schreck zu erholen, und vereinbaren Sie einen weiteren Termin. Nur wenn beide Seiten das Verhalten ähnlich einschätzen, können Sie gleich über das zukünftige Verhalten sprechen und eine Vereinbarung für die Zukunft treffen.

 

Neben diesem Artikel „Kritikgespräch führen“ schauen sie sich auch noch an, wann es sinnvoll ist kein Kritikgespräch zu führen: LINK!

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