Umgang mit schwierigen Führungssituationen: Sagen Sie nichts! Sie werden sehen, es wirkt

Umgang mit schwierigen Führungssituationen: Schweigen Sie, Sie werden sehen es wirkt!

Führungskräfte wollen von mir wissen, was Sie in schwierigen Situationen tun sollen. Sehr oft sage ich: „Gar nichts.“ Tatsächlich können Sie durch Nichtstun und Nichts-Sagen oft mehr bewirken. Das passt natürlich nicht in allen Situationen. Manchmal wird es auch notwendig sein, dass Sie innerhalb von Sekunden etwas sagen müssen, um ihre Autorität zu erhalten. Ich gebe Ihnen einige Beispiele für Situationen, in denen Schweigen im Umgang mit schwierigen Führungssituationen helfen kann.

Wer Macht hat, muss nicht um die Wahrheit streiten

Martina ist unzufrieden mit Linus, ihrem Mitarbeiter im Labor. Linus ist sehr fleißig und macht alles genau so wie Martina es ihm aufträgt. Kaum entwickeln sich Versuchsreihen jedoch anders als vorgesehen, lässt Linus alles stehen und wartet, bis Martina wieder im Haus ist. In einem Mitarbeitergespräch gibt Martina Linus Feedback und beschreibt sein Verhalten. Er protestiert heftig und behauptet, dass er aktiv nach Lösungen gesucht hat. Martina sagt nichts. Sie beginnt nicht mit ihm zu diskutieren. Sie rechtfertigt sich nicht. Nach einer Zeit beruhigt sich Linus und fragt, welches Verhalten sich Martina erwartet.

Wer kritisiert wird, braucht Zeit um die Information zu verarbeiten. Diese Zeit können sie ihren MitarbeiterInnen geben, indem sie mit ähnlichen Worten ihre Beobachtungen wiederholen – oder sogar schweigen.

Wenn Du meinst …

Viele Führungskräfte haben eine starke Vorstellung, welche Art von Führungskraft sie sein möchten. Manche meinen, sie seien besonders kooperativ oder besonders einfühlsam oder zielorientiert usw. Sie möchten von allen MitarbeiterInnen immer so gesehen werden.

Stellen Sie sich nun vor, ein Mitarbeiter sagt zu einer Führungskraft, die besonders kooperativ sein möchte, er habe autoritär entschieden. Was wird die Führungskraft tun? Wird sie sich rechtfertigen, ärgerlich oder gar vorwurfsvoll werden? Wenn ja, ist die Gefahr groß, dass daraus ein Konflikt mit beidseitiger Verletzung entsteht. Diese Gefahr ist wesentlich kleiner, wenn die Führungskraft gar nichts dazu sagt und auch nicht nachfragt, wie der Mitarbeiter zu diesem Eindruck gekommen ist.

Fragen stellen und warten

In Abteilungsbesprechungen und Team-Jour-fixes stellen Führungskräfte sehr oft Maßnahmen, Entscheidungen, Richtlinien oder Strategien vor. Sobald sie fertig sind, stellen sie Fragen wie zum Beispiel: „Gibt es noch Fragen?“ oder „Was meinen Sie dazu?“. Und dann warten sie keine 5 Sekunden, sondern gehen gleich wieder zum nächsten Punkt. Ich habe auch schon gehört, dass sie sich nachher über ihre „desinteressierten und unmotivierten“ MitarbeiterInnen beklagen.

Falls Sie das nächste Mal in so einer Situation sind, schweigen Sie! Ja, durchaus auch ein oder zwei Minuten lang. Geben Sie den Menschen Zeit, ihre Anliegen zu formulieren. Sobald eine Person begonnen hat, werden die anderen folgen.

Die Hirne stürmen, wenn der Chef schweigt

Die MitarbeiterInnen werden weniger, die Arbeit wird mehr. Wie können wir in einer solchen Situation den Arbeitsanfall noch bewältigen? Neue Prozesse, andere Arbeitsaufteilung, neue IT? Ideen sind gefragt!

Ob neue Ideen geboren werden, hängt sehr stark von der Führungskraft ab. Nämlich davon, ob sie ihre Meinungen, Bewertungen und Reaktionen zurückhalten kann. Solange alle wissen, dass die Chefin sicher schon eine Idee hat oder finden wird, beginnt niemand zu denken. Schweigen Sie also besser, geben Sie Ihren MitarbeiterInnen Zeit, dann werden die Hirne schon stürmen!

Wenn zwei streiten, schweigt der Dritte

Christian und Alex unterstützen den Vertrieb seit vielen Jahren im Backoffice. Sie verwickeln sich immer wieder in Streitereien über die „richtige“ Organisation der Datenverwaltung. Beide beschweren sich über den jeweils anderen bei Isabella, der Vertriebsleiterin. Isabella hat zunächst versucht, den Konflikt inhaltlich zu lösen, indem sie gesagt hat, wie die Dokumente abzulegen sind.

Der Effekt: Die beiden sind dann noch öfter zu ihr gekommen, um Entscheidungen zu bekommen. Sobald sie jedoch verstanden hat, dass sie zum Teil des Problems geworden ist, hat sie zu den beiden gesagt: „Ich schlage keine Lösungen mehr vor, die müsst ihr selber finden. Aber ich helfe euch bei der Klärung eures Konflikts, indem ich Euch Fragen stelle.“

Schweigen ist Gold

Ist Schweigen das Höchste, das es zu erreichen gibt? Für Führungskräfte, die Menschen vermitteln wollen, was sie von ihnen erwarten, ist es nicht das Höchste, aber eine wertvolle Option. Lösen Sie sich von dem Bild, dass Sie jedenfalls als schwach oder unfähig wahrgenommen werden, wenn Sie nichts tun. In manchen Situationen ist es nämlich genau umgekehrt: Nur die Person, die sich nicht zu einer schnellen Antwort hinreißen lässt, wird geachtet.

Wie lernt man Schweigen für den Umgang mit schwierigen Führungssituationen?

Sehr oft sind es die eigenen Emotionen, die zum Handeln drängen: Angst vor Kontrollverlust, Wut über persönliche Angriffe, Unsicherheit bei plötzlichen Veränderungen, Scham in großen Gruppen, aber auch Freude über die eigenen Fähigkeiten. Meine Empfehlung:

Schritt 1: Nehmen sie die Emotion wahr.
Schritt 2: Atmen sie langsam und lange aus.
Schritt 3: Zählen sie ruhig bis 10.

Dann ist der erste emotionale Impuls abgeklungen und sie können entscheiden, ob Sie überhaupt etwas sagen möchten.

 

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