
Was Führungskräfte beim Onboarding besser machen können – und warum es sich lohnt
Neue MitarbeiterInnen zu finden ist schwer genug – sie zu halten, ist die wahre Herausforderung. Ein gelungenes Onboarding entscheidet oft darüber, ob jemand langfristig bleibt oder innerlich früh wieder kündigt. Und obwohl viele Organisationen standardisierte Programme anbieten, bleibt die unmittelbare Führungskraft der zentrale Faktor für den gelungenen Start. Wie groß der Unterschied sein kann, zeigt dieses Beispiel:
Wie man’s nicht macht: der Start ins Leere
Es ist 8:00 Uhr. Anna steht am Empfang ihres neuen Arbeitgebers – neugierig, motiviert, etwas nervös. Doch niemand scheint von ihrer Ankunft zu wissen. Der Empfang ruft schließlich bei der Fachabteilung an. Nach zwanzig Minuten kommt ein Kollege, der sie in ein Großraumbüro führt. Der Platz ist noch belegt, der Laptop liegt originalverpackt auf dem Tisch. „Ich glaub’, dein Chef ist heute auf Dienstreise“, sagt er und verschwindet wieder. Der Rest des Tages besteht aus Warten, Suchen, Verlegenheit. So beginnt kein guter Start. Und leider passiert so etwas öfter, als man denkt. Dabei braucht es gar nicht viel – aber eben die richtigen Dinge zur richtigen Zeit.
Sieben Elemente für ein gelungenes Onboarding
1. Der erste Tag – Der Moment bleibt
Fragen Sie Menschen nach ihrem ersten Arbeitstag – sie erinnern sich an kleinste Details. Das liegt daran, dass neue Erfahrungen unser Gehirn besonders stark aktivieren. Der erste Arbeitstag ist ein emotionales Ereignis. Deshalb sollte er nicht dem Zufall überlassen bleiben. Eine freundliche Begrüßung, eine kleine Aufmerksamkeit, ein fixer Ablaufplan – all das trägt dazu bei, dass neue MitarbeiterInnen sich gut aufgenommen fühlen.
Sorgen Sie dafür, dass der erste Tag gut strukturiert ist. Wer holt die Person ab? Wo findet das erste Gespräch statt? Wer stellt das Team vor? Auch Pausen sollten nicht dem Zufall überlassen bleiben: Laden Sie zum gemeinsamen Mittagessen ein oder organisieren Sie ein Willkommenskaffee. So entsteht von Anfang an ein Gefühl von Zugehörigkeit – und nicht das Gefühl, im System verloren zu gehen.
2. Gut geplant – und trotzdem persönlich
Ein gutes Onboarding folgt einem klaren Ablauf – aber nicht jeder Einstieg ist gleich. Gerade in stark standardisierten Organisationen droht die Gefahr, dass das Persönliche zu kurz kommt. Hier ist die Führungskraft besonders gefragt. Sie kennen den neuen Menschen – und wissen, was für ihn oder sie wichtig sein könnte.
Nutzen Sie das erste Meeting für mehr als Organisatorisches. Vermitteln Sie, wofür Ihr Team steht. Erklären Sie, welche Werte bei Ihnen wichtig sind. Sprechen Sie auch über informelle Aspekte: Wie geht man miteinander um? Was sind typische Rituale im Team? Wer mit Begeisterung und Persönlichkeit auftritt, vermittelt Zugehörigkeit – und nicht bloß Informationen.
3. Technik muss einfach funktionieren
Es ist frustrierend, wenn man sich am ersten Tag beweisen will – und dann nicht arbeiten kann. Kein Zugang zur Software, kein funktionierender Laptop, keine E-Mail-Adresse. Solche Pannen hinterlassen nicht nur einen schlechten Eindruck – sie werfen die Einarbeitung massiv zurück.
Als Führungskraft können Sie viel vorbereiten: Klären Sie vorab mit IT und Administration, ob alle Tools bereitstehen. Überprüfen Sie persönlich, ob der Arbeitsplatz eingerichtet ist. Idealerweise erhält die neue Person schon vorab erste Informationen zum System – oder sogar ein Zugang, um sich einzuarbeiten. Wer Technik am ersten Tag sinnvoll nutzen kann, startet selbstwirksam – und nicht als Bittsteller.
4. Beziehungen vor Regeln
Natürlich braucht es Formalitäten – aber noch wichtiger sind Beziehungen. In den ersten Tagen entscheidet sich, ob sich jemand willkommen fühlt. Das gelingt nicht durch Handbücher, sondern durch Gespräche auf Augenhöhe. Zeigen Sie echtes Interesse. Was motiviert die neue Person? Was hat sie bisher geprägt? Was erwartet sie von der neuen Rolle?
Nutzen Sie die Gelegenheit, auch von sich zu erzählen: Warum arbeiten Sie gern in diesem Team? Worauf sind Sie stolz? Welche Herausforderungen hat Ihre Abteilung? Wer menschlich begegnet, schafft Vertrauen – und legt die Basis für eine gute Zusammenarbeit. Und das ist in den ersten Tagen wichtiger als jede Unterschrift auf einem Formular.
5. Keine Rätsel, keine Stolpersteine
Vermeiden Sie es, neue MitarbeiterInnen „ins kalte Wasser zu werfen“. Natürlich braucht es Herausforderungen – aber nicht als Bewährungsprobe. Die erste Zeit sollte Orientierung bieten, nicht Verunsicherung. Sorgen Sie dafür, dass neue KollegInnen Zugang zu allen relevanten Informationen bekommen – und dass sie wissen, wo sie Fragen stellen dürfen.
Stellen Sie auch sicher, dass keine unnötigen Barrieren im Alltag auftauchen: Zugangssysteme, Abkürzungen, interne Abläufe – vieles ist für bestehende Mitarbeitende selbstverständlich, aber für Neue schwer durchschaubar. Wer den Einstieg leicht macht, baut Vertrauen auf – und spart am Ende Zeit und Energie für alle Beteiligten.
6. Begleitung, die nicht im Kalender steht
Nicht alles kann die Führungskraft selbst leisten – vor allem, wenn es um informelle Strukturen geht. Hier hilft eine gezielte Patenschaft: Eine erfahrene Kollegin oder ein erfahrener Kollege begleitet die neue Person durch die ersten Wochen. Dabei geht es nicht nur um fachliche Fragen, sondern auch um das „Wie ticken wir hier?“.
Diese Bezugsperson kann erklären, wie man bestimmte Dinge besser nicht formuliert, wer in Meetings den Ton angibt oder welche sozialen Gepflogenheiten man kennen sollte. Wichtig ist, dass diese Rolle nicht zufällig vergeben wird, sondern bewusst ausgewählt. Wer informell eingebunden wird, fühlt sich schneller sicher – und bleibt länger.
7. Kontakt vor dem ersten Tag
Der Einstieg beginnt nicht erst mit dem ersten Arbeitstag. Wer vorher schon ein Signal bekommt – „Wir freuen uns auf dich!“ – startet mit einem besseren Gefühl. Eine kurze Nachricht, ein Video vom Team, ein Willkommensbrief oder ein kleines Geschenk per Post machen einen großen Unterschied.
Besonders wirksam: eine persönliche Begrüßung durch die direkte Führungskraft noch vor dem ersten Tag. Das kann per Anruf, Mail oder kurzer Videobotschaft geschehen. Der Effekt: Die neue Person kommt nicht als Unbekannte, sondern als schon angekündigter Teil des Teams. Das reduziert Nervosität – und steigert die Vorfreude.
Wer willkommen heißt, investiert in Bindung
Ein gelungenes Onboarding ist keine Kür – sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor. Es spart Zeit, reduziert Fluktuation und stärkt die Motivation. Und es ist vor allem eine Führungsaufgabe. Denn wie jemand beginnt, beeinflusst, wie lange und wie gern er oder sie bleibt.